Anleitung zur ausführlichen Beschreibung der Wiegendrucke für den Gesamtkatalog

Die Beschreibung eines Wiegendruckes setzt sich aus fünf Teilen zusammen:
der bibliographischen Notiz,
der Kollation,
der Beschreibung im engeren Sinne (textliche Beschreibung),
den bibliographischen Nachweisen,
den Exemplarnachweisen.

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Die bibliographische Notiz

1.1 Allgemeines
1.1.1 Die bibliographische Notiz enthält, soweit die Angaben zu ermitteln sind, den Namen des Verfassers, den Sachtitel, Herausgeber, Übersetzer, Kommentator, Korrektor, den Druck­ort, Drucker, Verleger, das Druckdatum und das Format.
1.1.2 Wenn der Druck mehrere selbständige Schriften in sich vereinigt, so werden diese in der bibliographischen Notiz aufgeführt, falls es sich um zwei oder drei handelt; sind es mehr als drei, so stehen sie in einer besonderen Inhaltsangabe am Ende der Beschreibung.
1.2 Verfasser
1.2.1 Der Name des Verfassers gilt auch dann als Ordnungswort, wenn er in dem Druck selbst nicht genannt ist. Herrscher und Behörden gelten als Verfasser ihrer Gesetze und Erlasse. Anonyme Schriften werden möglichst unter einen persönlichen oder geographi­schen Namen gestellt, wenn sie nicht unter einem literarischen Gattungsbegriff (z. B. Contrasto, Débat, Historia, Lied, Rappresentazione, Schützenbrief) zusammengefasst werden können.
1.2.2 Die Namen der Verfasser, die vorwiegend als Schriftsteller in lateinischer Sprache auftreten, sowie die antiker Persönlichkeiten erscheinen in lateinischer Form, orientali­sche Namen in der während des Mittelalters bei den Westeuropäern üblichen Form, die Namen von Würdenträgern in moderner deutscher Form und die Namen aller übrigen Personen in der modernen Form ihrer Muttersprache, doch behalten ausge­sprochene Familiennamen die alte Orthographie und Lautgebung bei.
1.3 Sachtitel
  Als Sachtitel wird die in der betreffenden Fachwissenschaft gebräuchliche Bezeichnung der Schrift gewählt, möglichst im Anschluss an Hains „Repertorium bibliographicum“; offenkundige Fehler Hains werden jedoch verbessert. Der Sachtitel ist für alle Drucke einer Schrift derselbe. Bei griechischen und orientalischen Werken wird der Sachtitel in lateinischer Fassung unter Hinzufügung der Fassung in der Originalsprache wieder­gegeben, bei hebräischen Werken in hebräischer Form unter Hinzufügung der lateinischen Fassung oder einer deutschen Übersetzung, bei Werken in einer lebenden europäischen Sprache in der heutigen Form der betreffenden Sprache.
1.4 Druckort und Drucker
1.4.1 Der Druckort und andere geographische Angaben werden in deutscher Sprache wiedergegeben.
1.4.2 Der Name des Druckers wird einheitlich, möglichst in moderner Form, wiedergegeben; Grundlage hierfür ist der Name, mit dem er sich selbst zu bezeichnen pflegt, und dessen Form in seiner Muttersprache.
1.4.3 Sind Druckort und Drucker nicht genannt, wohl aber ermittelt, so werden sie in eckigen Klammern angeführt. Bleibt die Bestimmung zweifelhaft, so wird ein Fragezeichen in runden Klammern zugefügt, das immer nur für die unmittelbar vorhergehende Angabe gilt. Druckort und Drucker sind als nicht genannt anzusehen, wenn sie aus der Drucker­marke oder Adresse ermittelt sind.
1.5 Verleger
1.5.1 Falls der Drucker nicht zugleich als Verleger anzusehen ist, so wird auch der Verleger angeführt in der Form: X für Y, wobei X den Drucker, Y den Verleger bedeutet.
1.5.2 Geht der Druck nicht von einem gewerbsmäßigen Verleger aus, sondern von anderen Persönlichkeiten (Fürsten, Verwandten u. ä.), so wird die Formel „auf Kosten und Veranlassung von…“ gebraucht.
1.6 Druckdatum
1.6.1 Das Druckdatum wird stets in der Originalform wiedergegeben.
1.6.2 Entspricht es nicht der modernen Datierungsart, so wird es nach Grotefends „Taschen­buch der Zeitrechnung des deutschen Mittelalters und der Neuzeit“ in eckigen Klammern hinzugefügt.
1.6.3 Ist das Datum nur mittelbar zu erschließen, so wird es bei bestimmten Zeitgrenzen in der Form: „vor“, „nicht vor …“, „nicht nach …“, „nach …“, bei unbestimmten Zeitgrenzen mit „um“ angeführt und in eckige Klammern gesetzt.
1.7 Format
1.7.1 Das Format wird nach der Brechung des Bogens angegeben. Je nachdem, wie der Bogen gebrochen ist, wird das Format als Folio (2°), Quart (4°), Oktav (8°) usw. bezeichnet.
1.7.2 Sind die Bogen eines Druckes verschieden gebrochen, so werden beide Formate angegeben, z. B. 4° und 2°.
1.7.3 Bei Einblattdrucken und Drucken, die nur in Pergamentexemplaren vorliegen, steht an Stelle einer Angabe über das Format eine solche über die Höhe und Breite des Satz­spiegels, und zwar in der Kollation, wobei erforderlichenfalls ein Durchschnitt gilt.

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Die Kollation

2.1 Allgemeines
  Die Kollation besteht aus den Angaben über den Umfang des Druckwerkes, über Lagen, Signaturen, Blattzählung und Kustoden, über Anordnung und Ausstattung des Druckes.
2.2 Umfang
  Bei der Angabe des Umfangs werden die Blätter gezählt, wobei die Vollständigkeit der einzelnen Lagen zu prüfen ist. Unbedruckte Blätter zählen am Anfang und Ende mit; Blätter, die nachträglich hinzugefügt sind (Kartons), werden besonders vermerkt. Bei Bruchstücken wird rekonstruierter Umfang durch „(?)“ hinter der Blattzahl wiedergegeben; ist eine Vermutung über den Umfang des ganzen Werkes nicht möglich, so wird die Zahl der vorhandenen Blätter angegeben und durch „+ ? Bl.“ auf den Defekt hingewiesen.
2.3 Signaturen
2.3.1 Die Signaturen werden in der Originalform angeführt. Abweichungen von der alphabeti­schen Reihenfolge werden besonders vermerkt, doch bleiben unwesentliche Abweichungen unbeachtet. Stempelung der Signaturen oder das Vorkommen einer Norm wird gegebenenfalls erwähnt. Als Normalalphabet gilt die Reihe der 23 Zeichen a–z (j = i) mit k, aber ohne u und w.
2.3.2 Fehlen die Signaturen im Original, so werden die Lagen in alphabetischer Reihenfolge bezeichnet und die Angaben in eckige Klammern gestellt.
2.3.3 Die Anzahl der Blätter jeder Lage wird als Exponent zu der Signatur gesetzt.
2.4 Blattzählung
2.4.1 Die Blattzählung wird in der Form des Originals (in Worten, in römischer oder arabischer Zahl, letztere aber stets in der modernen Form, in Majuskeln oder Minuskeln) wieder­gegeben.
2.4.2 Blätter, die keine Zählung tragen, werden in eckigen Klammern verzeichnet, und zwar: wenn sie von der Blattzählung ausgeschlossen sind, mit arabischen Ziffern, wenn sie in die Blattzählung eingeschlossen sind, mit den Zahlzeichen des Originals. Etwaige Besonderheiten der Blattzählung werden angeführt.
2.5 Kustoden
  Sind Kustoden vorhanden, so wird angegeben, ob sie nur vereinzelt sind, ob sie als Stempelaufdruck, als Blatt-, Doppelblatt-, Mittelblatt-, Lagen- oder Seitenkustoden vorkommen.
2.6 Anordnung des Druckes
  Die Angaben über Anordnung des Druckes betreffen die Zahl der Spalten und Zeilen, die Kolumnentitel und Marginalien sowie bei Einblattdrucken die Höhe und Breite des Satz­spiegels.
2.6.1 Spalten
  Einspaltiger Satz gilt als Regel; mehrspaltiger Satz wird vermerkt, einspaltiger nur dann, wenn er neben mehrspaltigem auftritt. Die Trennung der Mondphasen bei Kalendern zählt als Spaltensatz.
2.6.2 Zeilen
  Ist die Zahl der Zeilen auf den vollen Seiten nicht gleichmäßig, so werden die Grenzen der Schwankungen angegeben.
  Ist infolge der Verwendung verschiedener Typen oder aus anderen Gründen eine bestimmte Zeilenzahl nicht zu ermitteln, so wird sie als „wechselnd“ bezeichnet.
  Besonderheiten infolge Verwendung von Durchschuss, Vorkommen einer Interlinearglosse usw. werden vermerkt.
2.6.3 Marginalien
  Marginalien sowie Kapitel- oder Paragraphenzählung am Rande werden vermerkt.
2.6.4 Satzspiegel
Bei Einblattdrucken werden neben der Zeilenzahl die größten Maße des Satzes nach Höhe und Breite angegeben.
2.7 Ausstattung des Druckes
  Die Angaben über Ausstattung des Druckes beziehen sich auf Typen, Initialen, Rand­leisten, Rubrik­zeichen, Drucker- und Verleger­marken, Holz­schnitte, Karten, Noten und Farbendruck.
2.7.1 Typenmaterial
  Die Bezeichnung der Typen, Initialen und Randleisten, Rubrikzeichen und Druckermarken erfolgt, soweit möglich, nach Haeblers „Typenrepertorium der Wiegendrucke“. Zur Zählung der Typen nach Haebler wird das Maß von 20 Zeilen in Millimetern mit Angabe des Typen­charakters (z. B. gotisch: G, romanisch: R) hinzugefügt.
  Besonders zu erwähnen ist, wenn eine Type nur als Signatur oder Initiale verwendet wird. Das KL der Kalendarien gilt nicht als Initiale.
  Repräsentanten für Initialen werden als „Min. f. Init.“ bzw. „Maj. f. Init.“ aufgeführt.
2.7.2 Holzschnitte
  Titelholzschnitte werden besonders erwähnt, Holzschnitte und Kupferstiche, soweit möglich und zweckmäßig, gezählt. Etwaige Wiederholungen werden erwähnt.
  Karten werden in jedem Falle besonders aufgeführt.
2.7.3 Noten
  Bei Noten wird angegeben, ob lediglich der Raum für handschriftliche Eintragung ausge­spart ist, ob nur die Notenlinien oder nur die Noten, schwarz oder rot, gedruckt sind ober ob Liniensysteme und Noten im Druck hergestellt sind.
2.7.4 Farbendruck
  Farbendruck wird im allgemeinen durch die Bezeichnung „Rotdr.“ vermerkt. Druck in anderen Farben ist genauer zu beschreiben.

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Die textliche Beschreibung

3.1 Formal
3.1.1 Schrifttypus
  Die textliche Beschreibung eines Wiegendruckes wird dem Original entsprechend in Schwabacher oder Antiqua gedruckt (maßgebend für die Unterscheidung ist Haebler Typenrepertorium), bzw. in griechischer, hebräischer oder altslawischer Schrift.
3.1.2 Interpunktion, Abbreviaturen, Ligaturen
  Die Interpunktion und die Abbreviaturen werden möglichst genau (die Abbreviaturen unter Zurückführung auf bestimmte Grundformen, s. Allgemeine Abkürzungen) nach dem Original wiedergegeben. Ebenso werden ſ und s, r und , u und v stets unterschieden. Dagegen bleiben Ligaturen mit Ausnahme von æ und œ unberücksichtigt.
  Bei griechischen Wiegendrucken werden sämtliche Abkürzungen aufgelöst.
3.1.3 Initialen
  Initialen werden durch runde, der für Initialen ausgesparte Raum durch eckige Klammern kenntlich gemacht, Repräsentanten in der Form des Originals in runder Klammern wieder­gegeben. Die Zahl der Zeilen, die der Initiale wegen zurücktreten, wird durch einen Exponenten gekennzeichnet, z. B. (L⁸), (q⁶), [⁴], wobei nur die tatsächlich zurückgetretenen Zeilen rechnen.
3.1.4 Zeilen
  Der Zeilenschluss wird durch zwei vertikale Striche bezeichnet.
  Bei Bezeichnung der Zeilen nach der Zahl werden unbedruckte Zeilen, Interlinearglossen und Kolumnentitel nicht mitgerechnet.
3.1.5 Blattbezeichnung
  Die Blätter werden nach der bei der Kollationierung ermittelten Zahl und nach der etwa vorhandenen Signatur und Blattzählung bezeichnet. Vorder- und Rückseite eines Blattes werden mit „a“ und „b“, die Spalten einer Seite mit „α“ und „β“ bezeichnet. Bei mehr als zwei Spalten und bei Einblattdrucken heißt es „Sp. 1“, „Sp. 2“, „Sp.3“ usw. Wenn Blatt 1a den Titel trägt, so genügt die Angabe „Tit.“. Ist die Rückseite des Titels leer, so wird dies nicht besonders vermerkt.
  Das erste Blatt der zweiten Lage wird ohne Rücksicht auf die Originalform nur mit „Sign. b“, bei Drucken ohne Lagenbezeichnung mit „Lage b“ angeführt.
3.1.6 Auslassungen
  Die Wiedergabe der Textstellen erfolgt so kurz wie möglich; Auslassungen werden stets, auch nach dem Zeichen des Zeilenschlusses, durch drei Punkte wiedergegeben.
3.2 Inhaltlich
3.2.1 Unbedingt wiedergegeben werden:
  der Titel; längere Titel können gekürzt werden,
  Dedikationsverse nach Anzahl und mit ihrem Anfang,
  Widmungen und Vorreden mit Überschrift und Anfang,
  der Anfang des Textes,
  die erste Zeile der zweiten Lage; wenn Lage a die Vorstücke, b den Anfang des Textes enthält, so ist darunter sinngemäß Lage c zu verstehen,
  die letzten Worte des eigentlichen Textes; bloße Schlussformeln genügen nicht,
  die Schlussschrift; längere Schlussschriften können gekürzt werden,
  bei Beigaben eine etwa vorhandene Überschrift, die Unterschrift nur dann, wenn sie ein Datum enthält; von Beigaben ohne Über- und Unterschrift der Anfang; bei Versen die erste Zeile, das Ende, wenn es zugleich das Ende des ganzen Druckes ist; von einer Tabula in der Regel nur die Überschrift, der Schluss nur, wenn er das Ende der Lage ist,
  bei kommentierten Werken auch Anfang und Ende des Kommentars.
3.2.2 Vereinigt der Druck zwei oder drei selbständige Schriften, so ist Anfang und Ende jeder dieser Schriften wiederzugeben, bei mehr als drei nur der Anfang der ersten und das Ende der letzten; in diesem Falle werden in der Inhaltsangabe für jedes einzelne Stück die Lagen oder Blätter angegeben, die es in dem Druck einnimmt.
3.2.3 Bei Druckwiederholungen des gleichen Textes wird lediglich die zeitlich früheste Ausgabe in ihrem Aufbau ausführlich dargestellt, für die späteren werden Textanfang, Signatur b, Textschluss und Schlussschrift mitgeteilt; etwaige Abweichungen im Aufbau der späteren Ausgaben werden in möglichst gedrängter Form gekennzeichnet.
3.3 Druckvarianten
  Auf Druckvarianten wird in einer Anmerkung hingewiesen. Als Normalfassung gilt im Falle bloßer Satzänderungen die berichtigte, im Falle sachlicher Änderungen die zeitlich frühere, im Zweifelsfalle die schon in die Literatur eingeführte Fassung.

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Bibliographische Nachweise

4.1 Nach Möglichkeit wird stets mindestens ein bibliographischer Nachweis gegeben. Immer angeführt werden Hain, Copinger, Reichling, die „Nachträge zu Hains Repertorium biblio­graphicum und seinen Fortsetzungen“, Proctor und der „Catalogue of books printed in the XVth century now in the British Museum“ (BMC), ferner die nationalen Zentralkataloge für Wiegen­drucke, die bibliographischen Werke zur Druckgeschichte einzelner Länder, Städte und Offizinen, nach Möglichkeit Verzeichnisse, die Wiegendrucke nach formalen (z. B. Einblatt­drucke) oder sachlichen (z. B. Liturgica) Gesichtspunkten erfassen, sowie Nach­schlage­werke für den Buchschmuck (Holzschnitt) und Notendruck. Außerdem wird jede Quelle angegeben, der etwas für die in Frage kommende textliche Beschreibung entnommen wurde.
4.2 Faksimile-Ausgaben werden in einer eigenen Rubrik „Faks.“ angeführt.

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Exemplarnachweise

  Bei den Exemplarnachweisen werden alle der Redaktion bekanntgewordenen Exemplare angegeben, zweite und weitere Exemplare einer einzelnen Sammlung vor allem dann, wenn sie Varianten enthalten. Das Fehlen einer Angabe über den Zustand eines Exem­plars lässt keinen Schluss auf seine Vollständigkeit zu. Exemplare oder Kopien von ihnen, die einem Mitarbeiter der Redaktion vorgelegen haben, werden mit einem Stern markiert. Exemplarnachweise, die nach der Literatur oder aus anderen Quellen bekannt, zur Zeit der Drucklegung jedoch nicht mehr zutreffend sind, erhalten einen kenn­zeich­nenden Zusatz: ein Kreuz Exemplare, die unstreitig vernichtet sind; den Vermerk „ehem.“ Exem­plare, deren Aufenthaltsort nunmehr unbekannt ist; ein Frage­zeichen Exemplare, deren Existenz von der betreffenden Sammlung verneint wird, wobei die Ursache der Unstimmig­keit ungeklärt ist; in eckige Klammern wird ein Exemplar­nachweis dann einge­schlossen, wenn es nicht gelang, mit der Bibliothek Kontakt aufzunehmen, und die Angabe unbestätigt ist.